Es gibt Dinge, auf denen ich sehr lange „herumdenke“: Twitter ist so ein Thema. Warum bin ich da überhaupt? Warum sind die anderen da?
Es ist ein faszinierendes Medium, das mich zumindest zeitweise sehr fesselt: Ich freue mich über Hinweise auf interessante Artikel im Netz (gerne auch Blogs), goutiere starke Meinungen, fühle mich als Fußballfan unter Gleichgesinnten, denke bewusster über manche Dinge nach (etwa zum Thema Feminismus) und ja: lasse mich gerne ab und zu unterhalten. Mich interessiert dabei weniger die Zahl der Follower als das, was sie mir als Feedback geben in Form von Replys. Darum bin ich dort. Weil ich mich gerne austausche, andere Meinungen lesen und damit durchaus meine eigene überprüfen/hinterfragen/bestätigen will. Wer mir also folgt, sollte vom Grundsatz her bereit sein, mit mir zu „reden“. Nicht ständig, aber eben gelegentlich. Interessanterweise hält just in dem Moment, da ich das hier verfasse, der werte @Moltroff ein Plädoyer für den Reply. Ich bin nicht ganz so anspruchsvoll wie er, was Replys/DM angeht (Originalität ist nicht zwingend, sie ist m.E. auch sehr subjektiv), finde aber auch, dass dies eine sehr schöne (wenn nicht sogar DIE!) Funktion von Twitter ist. Replys! Darum folge ich auch im wesentlichen Accounts, hinter denen sich Menschen verbergen, mit denen ein Austausch möglich ist. Neue Accounts finde ich durch Retweets (gerne auch in einem Nachfolge-Tweet kommentiert, so mach ich das gerne) in meiner Timeline, ganz sicher nicht durch Empfehlungen. Denn was anderen gefällt, muss ich noch lange nicht gut finden.
Spannend wäre für mich jedoch zu erfahren: Wie sehen das andere? Ich hab da so viele Fragen: Favstar, Tweet des Tages, xx-Favs-Glückwünsche, Follower-/Unfollower-Statistiken, Bitten um Follower oder dieser Followerfriday, Gründe fürs Folgen und vor allem fürs Entfolgen (gibt es da immer welche?), Listen und Blocken, … Wahrscheinlich muss man das als User gar nicht alles wissen, aber: Ich bin einfach neugierig. Ich möchte so gerne verstehen und dann cooler grinsen können, wenn mir jemand mitteilt, dass ein Sterneregen auf ihn niedergegangen ist.
Dann wäre da noch der Auftritt von jenen, die mit ihrem Beruf bei Twitter unterwegs sind, aber betonen, dass sie privat zwitscherten. Stine Eckert hat in einem Gastbeitrag für den Blog „kleinerdrei.org“ einen sehr interessanten Satz zu diesem Thema aufgeschrieben:
In demokratischen Ländern mit hoher Internetverbreitung und -nutzung, wie Deutschland, der Schweiz, den USA und Großbritannien, ist zu beobachten, dass soziale Hierarchien ins Netz wandern: Der Status, den Offline-Identitäten mit sich bringen, bestimmt auch die Möglichkeiten im Netz.
Das erklärt es ein Stück weit, macht es für mich aber nicht besser. Denn dadurch gehen vielleicht Accounts unter, die u.U. noch lesenswerter wären, weil die Menschen dahinter abseits der beruflichen Interessen etwas zu sagen haben. Und sie bleiben vielleicht unbemerkt, weil sich dahinter kein bekanntes Gesicht oder jemand, der was mit Medien macht, verbirgt. Es ist so schade, dass sich Menschen kaum noch „einfach so“ begegnen können. Immer lauern da diese Fragen zur Person, als ob die Tweets nicht reichten.
Und schließlich jene Accounts, die mit Tweets viele Klicks für ihre Websites generieren wollen. So legitim und verständlich das ist, manchmal überrascht mich, wie das so manche anfangen. Der Heftig-Style wird zum Synonym für extreme Klick-Geilheit. Tobias Gillen hat dazu einmal sehr pointiert gebloggt. Mich erstaunt daran, dass das funktioniert.
Dennoch: Ich meine, dass Twitter mehr ist als Statusvergleiche (mein Haus, mein Auto, mein Pferd) mit anderen Mitteln. Und mehr als ein Klickgenerator auf Blogs oder Artikel auf Websites großer oder auch kleiner Verlage. Twitter ist was für Neugierig-Gebliebene.
Für mich privat ist es v.a. schneller Austausch mit „echten Menschen auf einer Wellenlänge“, wenn der merkwürdige, moderne Alltag wieder mal keine RL Gespräche zulässt.
Beste Grüße von Mamamotzt
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