Auf Twitter kam so manches Mal die Sprache auf Lehrer, inzwischen ist sind mir wegen meiner dezidierten Meinung dazu auch eine junge Frau zwei junge Frauen (Lehrerinnen, na klar) entfolgt. Ja, ich habe keine gute Meinung von Lehrer/innen, was vor allem mit meinen sehr speziellen Erfahrungen mit Menschen dieser Berufsgruppe zusammenhängt. In meinem Freundeskreis findet sich nicht ein/e einzige/r Lehrer/in, was ja auch etwas aussagt mit Blick auf rund 663.000 in Deutschland tätige Lehrer/innen. Ich bitte beim Lesen darum, den Text als Selbstauskunft und nicht als allgemeines Urteil über Lehrer/innen zu verstehen. Er sagt etwas über mich! Er soll mein ungutes Gefühl (Ich-Botschaft) den Lehrern gegenüber zeigen, wie es sich im Laufe der Jahre entwickelt hat und wie stark und lange so etwas nachhallt.
Ich bin in der DDR zur Schule gegangen, zwölf Jahre lang, habe einmal durch Umzug, ein weiteres Mal durch den Wechsel auf die EOS (heute: Gymnasium) die Schule gewechselt. Auf diese Weise und durch elternzeitbedingte Vertretungen erlebte ich sehr viele Lehrer/innen. Inzwischen bin ich Mutter, K1 besucht die 6., K2 die 1. Klasse. Wieder kam und komme ich mit verschiedenen Lehrern zusammen. Mit unterschiedlichen Erfahrungen. Diese will ich in sechs Gruppen zusammenfassen.
Besserwisser-Lehrer/innen
Aus meiner persönlichen Erfahrung als Schülerin und Mutter muss ich sagen: Diese Spezies scheint es häufig zu geben. Sie leben diesen alten Schülerwitz: §1 Der Lehrer hat immer Recht. §2 Hat er einmal nicht Recht, tritt automatisch §1 in Kraft. Sie halten sich für top-ausgebildet (sind es sehr wahrscheinlich auch) und fühlen sich den Eltern überlegen, was sie in Gesprächen direkt oder indirekt auch zum Ausdruck bringen. Als Kind war der prägende Satz dazu „Das darfst Du mir schon glauben.“ oder durchaus „Das weiß ich einfach besser.“, als Mutter höre ich „Ich weiß gar nicht, was Sie haben.“ oder „Das finde ich unmöglich von Ihnen.“ Für mich gibt es für diese Sorte Lehrer nur ein Wort: schlimm!
Unsichere Lehrer/innen
Das sind an sich sehr umgängliche Menschen, sie mögen ihren Beruf, wirken fit in ihrem Fach und haben viele Ideen, das rüberzubringen. Doch sie lassen sich durch bestimmte Schülertypen (etwa durch einen wie mich) schnell aus dem Konzept bringen. Es gibt ja Phasen im Leben eines/einer Heranwachsenden, in denen versucht wird, den Lehrer zu verunsichern. Einfach so. Weil man schauen will, wie er reagiert. Und sich dann köstlich amüsiert, wenn er rot oder fahrig wird. Nicht nett, ich weiß. Ich meine aber, dass dieser Typ Lehrer es heute verdammt schwer haben dürfte. Die Kinder kommen zumindest auf den Gymnasien mit einem großen Selbstbewusstsein in den Unterricht – Unsicherheit wird, so denke ich, schnell ausgenutzt. Das Blöde ist ja: Letztlich bringt es nichts, den Lehrer zu verunsichern, nur diese Einsicht mit 14 oder 15 zu haben, darf man nicht voraussetzen. Irgendwann entwickelte ich also Mitleid und riss mich zusammen. Dafür schäme ich mich heute fast ein wenig.
Hauptsache-ich-hab-nen-guten-Job-Lehrer/in
Diese Spezies, das ist seltsam, war und ist in meiner Erfahrungswelt vorwiegend männlich. Sie kommen gerne kumpelig rüber, als Schüler werden sie besonders von Jungen häufig gemocht, doch wirklich weitergebracht hat es sie kaum. Im Unterricht wurde das nötige Programm runtergespult, was die Klasse damit machte – egal. Wenn es schwierig wurde, gab es einen allgemeinen Elternbrief, obwohl die Schwierigkeiten nur mit ausgewählten Kindern bestanden; wenn Eltern nachfragten, wurde das abgebügelt. Diesen Menschen geht es in der Regel um sich. Ihnen soll es gut gehen. Sollte diese Sphäre jemand oder etwas stören, wird die Schuld grundsätzlich anderswo verortet. Selbstreflexion ist für diesen Typ Lehrer ein absolutes Fremdwort. Ein besonders negatives Beispiel für diese Spezies musste leider mein K1 erfahren: Der Lehrer brachte es fertig, etwas Beleidigendes über uns Eltern vor versammelter Klasse rauszuhauen. K1 hat die Klasse noch in der Grundschule gewechselt!
Engagierte, in seiner/ihrer Welt gefangene Lehrer/innen
Auch hier kommen in meiner Erfahrenswelt eigentlich nur Männer vor. Top qualifiziert, engagiert, mit vielen Ideen. Doch wenn sie mit der Welt „da draußen“, also außerhalb der Schule, konfrontiert werden, wird es knifflig. Denn das ist nicht mehr ihre. Lehrmethoden sollten besser nicht hinterfragt werden, Auseinandersetzungen mit Eltern werden sehr skeptisch gesehen und ungern geführt. Ob ihr Konzept funktioniert, so scheint es mir, hängt sehr davon ab, dass das System nicht gestört wird, weder von innen (Schüler sollten also nicht allzu viele Probleme machen), noch von außen (Eltern halten sich hier bitte raus). Das muss nicht schlecht sein, als Schüler kam ich damit prima zurecht, als Mutter muss ich das noch lernen, bin dazu aber auf jeden Fall bereit.
Engagierte, aufgeschlossene Lehrer/innen
Dieses Bild kommt meiner Idealvorstellung schon sehr nahe: Fachlich sehr gut, aufgeschlossen dafür, dass jedes Kind (jede Familie) anders ist und das Unterrichtsgeschehen durchaus bereichern kann. Diese Lehrer zeichnen sich durch eine positive Sicht auf die Dinge aus, sie sind lösungsorientiert, konsequent in der Sache und kooperationsbereit. Weshalb mir dieser Lehrer-Schlag manchmal nicht geheuer ist, liegt zum einen daran, dass sie für mich als Schüler ein Stück weit unberechenbar waren, was mich wiederum verunsicherte (was natürlich eher mein Problem denn das des Lehrers war und ist). Zum anderen war und bin ich nie so ganz sicher, wie verlässlich das alles ist. Irgendwie schwebt(e) da immer im Raum: Es ist jetzt so, das kann sich schnell wieder ändern. Ich war/bin unsicher, ob diese freundliche Offenheit echt oder nur gespielt ist. Auch das ist letztlich mein Problem – ich arbeite daran, Vertrauen zu entwickeln.
Verantwortliche Lehrer/innen, oder: Wie ich mir eine/n Lehrer/in vorstelle
Der Lehrerberuf ist eigentlich ein sehr schöner. Als Kind war ich besessen von der Idee, selbst Lehrerin zu werden: Ich war sie für meine Puppen, benutzte eine Schranktür als Tafel (als das rauskam – auweia!) und war das glücklichste Kind, als ich ein Klassenbuch und einen Lehrerkalender geschenkt bekam. Diese Formular-Bücher waren in der DDR nicht einfach so zu bekommen, es waren echte Schätze, und ich habe sie gehegt und gepflegt. In dieser Zeit war ich eine sehr strenge „Lehrerin“, die hohe Anforderungen an ihre „Schüler“ stellte. Die fachliche Kompetenz war für mich eigentlich immer das A und O. Ein Lehrer sollte immer mehr wissen als seine Schüler (herrlich naiv, nicht wahr?). Dazu kam, auch wenn ich das damals noch nicht so benennen konnte, die Fähigkeit, das gut rüberzubringen, interessanten Unterricht zu machen (Didaktik), nur: Dafür fehlten mir lange die Vorbilder. Ein Lehrer musste in meinen Augen die Klasse „im Griff haben“, auf die Fragen der Schüler perfekte (haha) Antworten wissen, diszipliniert sein, zuhören können und konsequent bleiben.
Im Laufe der Jahre hat sich das alles richtigerweise ein wenig relativiert, und es kam eine mir heute sehr wichtige Komponente (neben der nach wie vor wichtigen fachlichen Exzellenz) hinzu: Verantwortungsgefühl. Ich lege Wert darauf, dass sich ein/e Lehrer/in für eine begrenzte Zeit für ihre/seine ihm anvertrauten Schüler bis zu einem gewissen Grad verantwortlich fühlt. Verantwortlich im Sinne von: Mir ist der Schüler nicht egal, ich beobachte ihn gut und teile den Eltern meine Beobachtungen (nicht Wertungen!) mit, ich versuche, meine Schüler zu sehen (im Sinne des hier schon oft beschriebenen Gesehenwerdens), ich kann unterscheiden zwischen fachlicher und sozialer Kompetenz meiner Schüler und erkenne, wo die Balance stimmt oder eben auch nicht.
Ich male hier sicherlich ein Bild, das zu perfekt und vielleicht gar nicht so erfüllbar ist. In meiner Schulzeit begegnete mir, wenn ich mich so zurückerinnere, auch wirklich nur eine Lehrerin, die in meinen Augen diesem Idealbild entsprach. Sie unterrichtete Deutsch und Französisch: Was ich bei Ihr lernte, habe ich teilweise heute noch glasklar im Kopf, etwa die Kommaregeln. Sie war eine ruhige Lehrerin, aber mit sehr klaren Vorstellungen von dem, was sie wollte. Sie hatte eine in meinen Augen natürliche Autorität, wirkte auf mich aber nie arrogant. Sie sorgte sich auf eine nicht zu „gluckenhafte“ Art um ihre Schüler, wahrte immer eine gewisse Distanz, ohne unnahbar zu wirken. Leider war ich nur drei Jahre ihre Schülerin, doch offensichtlich prägte sie meine Ansprüche an Lehrer.
So aufgeschlossen ich mich auch einschätze: Hier toleranter und kompromissbereiter zu werden, ist für mich eine echte Herausforderung. Und man macht es mir echt nicht leicht.
Nachtrag, 14.10.
Bemerkenswert: In einem aktuellen Beitrag des SPIEGEL wird danach gefragt, was einen guten Lehrer ausmacht. Fachkompetenz, Empathie, Verantwortung – all das kommt darin vor. Auch wenn es langsam langweilig wird, bleibt es dabei, dass das Schulsystem sekundär ist, es kommt einfach auf den Lehrer an, der in den Klassen unterrichtet. Das ist auch der Grund, warum ich gute, sprich: verantwortungsvolle Lehrer so wichtig finde. Kein System, keine Politik und kein Geld ersetzen den Pädagogen, der seine Schüler sieht (!) und von ihnen ernst- und angenommen wird.
Früher war mehr …
Egal, gehe total konform! Mein Erweckungserlebnis waren Kommilitonen, die auf Lehramt studierten, während ich den Master machte. Seitdem schaue ich genauer hin und werde leider öfter vom Grausen gepackt!
„Hauptsachse, verbeamtet.“
Die eigene Unzulänglichkeit haben mir diverse Grundschullehrer ebenfalls schon längst nahe gebracht. Erstaunlich, dass ich morgens den Lichtschalter erinnere und finde.
Kurz: Ich kenne die verschiedenen Typen auch.
LG!
LikeLike
Danke für Dein Feedback!
Es ist interessant: Meine Erfahrungen und Wahrnehmungen, die ich für mich versuche einzuordnen, scheinen kein Einzelfall zu sein. Der SPON hatte ja gestern auch einen Beitrag veröffentlicht, in dem im Grunde die gleichen Erwartungen formuliert wurden wie hier.
Eigentlich schade, dass es fast nur junge (neue) Lehrer zu sein scheinen, die diese Aufgabe annehmen, reflektieren und sich wirklich anstrengen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Ich werde das weiter sehr intensiv beobachten und auch über die Entwicklungen hier schreiben – mit Dank an @kuehlesBlondes für den Hinweis.
LikeLike