Mir geht es gut. Ich bin dankbar dafür.

Ich lasse mich ja gerne von Tweets zu umfangreicheren Gedanken inspirieren, heute tat dies Nathalie mit diesem Tweet hier:

Ich finde nämlich, dass Sie Recht hat. Wenn wir hier jammern, dann auf einem verdammt hohen Niveau. Zwischendurch sollte unbedingt Zeit sein, sich auf das Wesentliche zu besinnen, dankbar und demütig zu sein. Weil es uns gut geht, weil wir privilegiert sind.

Privileg 1. Ich lebe und bin gesund.
Ich habe eine fiese Schilddrüsenerkrankung hinter mir gelassen, zwei wirklich schlimme Schwangerschaften überstanden und die dunklen Seiten des Lebens kennenlernt. Ich habe in meinem Umfeld eine Krebserkrankung, die gut ausging, begleitet. Ich war auf der Beisetzung eines Freundes der Familie, der mit 41 Jahren an Herzversagen starb. Ich kenne jüngere Leute als mich, die eine chronische Krankheit haben bzw. heftigst allergie-geplagt sind. Von den vielen Menschen weiter weg von mir, denen es aus verschiedenen Gründen nicht gut geht, gar nicht zu reden.

Privileg 2. Ich habe zwei gesunde Kinder.
Risikoschwangerschaften, Angst um unterversorgte Babys im Mutterleib, ein Schreikind in den ersten vier Monaten … all das ist unwichtig mit Blick darauf, was heute ist. Die Mädels wachsen behütet und gesund auf, haben beide fünf Jahre einen Kindergarten besucht und dort eine unglaublich gute Betreuung und Bildung erfahren, gehen gerne zur Schule und verbringen Zeit mit ihren Freunden. Kinder zu bekommen ist heutzutage durchaus nicht so selbstverständlich: Viele Frauen wünschen sich sehnlichst ein Kind und bekommen keines. Andere Mütter (und Väter) opfern sich auf für ihre besonderen Kinder, um ihnen ein schönen Leben zu ermöglichen und gehen dabei an und über ihre Grenzen.

Privileg 3. Ich bin verheiratet und lebe das 50/50-Modell.
Wenn beide voll berufstätig sein wollen, geht das nicht anders, und Kinder wären für mich sonst nicht in Frage gekommen. Wir übernehmen füreinander Verantwortung, müssen den Partner aber nicht versorgen. Wir rechnen hier nicht auf, aber letztlich leistet hier jeder seinen Beitrag, dass sich alle in dieser Familie wohl und gesehen fühlen. Das klappt nicht immer perfekt, aber: Wir arbeiten daran.

Privileg 4. Wir leben in einer Regenbogenstadt.
Köln ist in Sachen sexueller Ausrichtung, so mein Gefühl, sehr offen. Gleichgeschlechtliche Paare gehören hier zum Straßenbild und machen sie teilweise schön bunt. Die Kinder wachsen so selbstverständlich damit auf, dass die Erzieherin im Kindergarten ganz offen sagen kann, dass sie mit einer Frau zusammenlebt, und die Kinder hinterfragen das nicht. Und hey, der Karneval ist hier „always and everywhere“.

Privileg 5. Ich lebe in einem demokratischen Land.
Ich habe den Sozialismus der DDR erfahren und lebe seit mehr als 20 Jahren im Kapitalismus der (westlichen) Bundesrepublik. Ich empfinde es als Privileg, beides zu kennen und daher die Unterschiede beurteilen zu können – sie sind übrigens an manchen Stellen nicht so groß, wie viele meinen. Aber: Ich kann frei wählen, meinen Aufenthaltsort aussuchen, immer meine Meinung sagen und mir die Medien, die ich konsumieren will, aussuchen, ich darf ins Stadion meines Herzensvereins gehen und Konzerte von Aerosmith und Depeche Mode sehen.

Privileg 6. Ich hab’s warm, immer zu essen und zu trinken.
Wenn ich mir Gedanken ums Essen und Trinken mache, geht es nur um die Frage: Wie viel wovon? Und nicht: Was überhaupt? Wenn die Heizung nicht geht oder das Wasser kalt aus der Leitung kommt, tätige ich zwei Anrufe, und man kümmert sich schnellstens darum. Ich ersticke nicht in Müll, weil die Kölner Heinzelmännchen diesen abholen und entsorgen.

Privileg 7. Gefordert und gefördert.
Aus einem Akademikerhaushalt kommend durfte ich mein Abitur in einer Klasse mit verstärktem Fremdsprachenunterricht machen. Studium in Regelstudienzeit, Abschluss mit Diplom. Zum Berufsstart hatte ich einen väterlichen Chefredakteur, der mich unter seine Fittiche nahm, in die Versicherungsbranche einführte und Vorstandsinterviews führen ließ – ich war 26. Der nächste Chefredakteur forderte mich, machte mich besser und schickte mich in Fernsehsendungen als Gesprächspartner.

Privileg 8. Ich bin berufstätig und habe noch nie weniger verdient als meine direkten männlichen Kollegen.
Unglaublich, aber wahr. Ich übe sehr gerne meinen Beruf aus und werde dafür anständig bezahlt. Sehr häufig sind lange Arbeitszeiten erforderlich, doch diese Zeiten wechseln sich mit welchen mit weniger Stress ab. Was sich am Ende des Tages gut und richtig für mich anfühlt.

Privileg 9. Reale Freunde.
Das sind die, die ich nachts anrufen kann, wenn ich dringend reden will. Die wissen, dass sie auch bei mir immer willkommen sind. Mit denen ich unterschiedlicher Meinung sein kann, ohne dass es verletzt. Mit denen es sich auch nach langer Zeit des Nicht-Sehens bei der nächsten Begegnung so anfühlt, als hätte man sich vor einer Woche zuletzt gesehen.

Privileg 10. Ich darf so sein, wie ich bin.

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