Wenn das Wort Vereinbarkeit nur noch ermüdet …

Seit etwa einer Woche gehe ich „schwanger“ mit einem Thema, das zu einem wurde, weil ich irgendwie zu oft auf Links geklickt habe, die mich zu Texten führten, die immer wieder das Gleiche sagen und mich daher einfach nur ermüden. Es wurde für mich zum Thema, weil es Dauerthema in Medien und da vor allem in Blogs ist, weil viele meinen, dass es dazu eigentlich keine zwei (oder gar drei) Meinungen geben darf, weil sich diese ganze Sache einfach nur noch im Kreis dreht. Die Rede ist von der Vereinbarkeit, der Vereinbarkeit von Familie und Karriere. Bei mir kommt an: Dieses Thema besteht praktisch nur noch aus Jammern und Vorwürfen und natürlich dem Verantwortung-woanders-Hinschieben. Und damit das gleich klar ist: Von mir aus soll jede Familie das für sich regeln wie sie mag, und von mir aus soll auch jeder die Erwartungen haben, die er/sie mag. Die Konsequenz heißt für mich aber auch: Klarkommen.

Frauen und ihre beruflichen Ambitionen

Nicht zum ersten Mal las ich u.a. hier von einer bemerkenswerten Anspruchshaltung:

… nicht aber mit einem Unternehmen, das jungen und gut ausgebildeten Leuten wie mir keinerlei Zukunftsaussichten bieten möchte. Zum Beispiel bin ich von einer Festanstellung nach dem Volontariat ausgegangen, sofern der Verlag und ich von einer guten Zusammenarbeit überzeugt seien würden. Ich denke, das ist ein ganz normaler Anspruch.

Selbstverständlich sind ganz viele Frauen sehr gut ausgebildet, und es ist absolut sinnvoll, dass sie ihr erworbenes Wissen sowie ihre Fähigkeiten einsetzen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Doch die Frage ist: Was kann ich als Absolventin einer Lehranstalt von der Arbeitswelt erwarten? Mir scheint, dass es hier zumindest an manchen Stellen ein grundlegendes Missverständnis gibt. Firmen, Behörden, Anstalten des öffentlichen Rechts sind ihrem Selbstverständnis nach nicht dafür da, ambitionierten Menschen einen Arbeitsplatz anzubieten, der exakt ihren Erwartungen entspricht. Vor allem Firmen haben ein Ziel: Geld zu verdienen. Behörden und Anstalten des öffentlichen Rechts haben sehr spezielle Aufgaben, aber meines Wissens gehört es auch dort nicht dazu, diejenigen rundum glücklich zu machen, die dort ihre Arbeitskraft verkaufen. Womit wir beim Thema sind: Es ist ein Geschäft. Der eine benötigt zur Herstellung seines Produkts die Arbeitskraft eines anderen, der wiederum diese gegen einen Lohn/ein Gehalt verkauft. That’s it. Auf den Punkt gebracht hat das Volker Kitz in seinem „Manifest für ehrliche Arbeit“. in dem vor allem dieser Satz hier ist wichtig ist:

Dieser Betrieb wurde nicht erfunden, um euch mit der Arbeit zu beglücken, sondern um ein Produkt oder eine Dienstleistung für die Gesellschaft hervorzubringen – und damit euren und unseren Lebensunterhalt zu erwirtschaften.

Darum geht es. Wie die Firmen das im einzelnen rüberbringen, ist aus meiner Sicht leider oft unehrlich, aber umso mehr muss ich doch als jemand, der seine Arbeitskraft zu Markte trägt, realistisch sein und mich wappnen: Das beginnt aus meiner Sicht mit einer Berufswahl, die einem selbst ganz viel Flexibilität und damit Möglichkeiten gibt. Das geht weiter mit einer gelebten Selbständigkeit, die nicht immer von anderen Lösungen erwartet, sondern einen selbst in die Lage versetzt, Probleme zu lösen. Und das gipfelt in der Fähigkeit, sich den Umständen, in denen man sich bewegt, in einer gewissen Weise anzupassen. Die Arbeitswelt hat sich in den vergangenen Jahren extrem verändert, und das erfordert eben auch von mir, die ich mich darin bewege, Veränderung. Jobs auf Lebenszeit sind heute eher die Ausnahme als die Regel. Das kann ich beklagen oder eben als Chance sehen. Ich fände es gut, wenn die Perspektive mal zwischendurch gewechselt würde: Nicht immer nur jammern über die bekloppte Job-Situation, sondern sie für sich selbst versuchen zu nutzen. Es klingt trivial, aber letztlich ist es doch so: take it, leave it or change it. Da steht nix von „whining“ oder „blaming“.

Große Themen mal herunterbrechen

Und jetzt kommen auch noch Kinder dazu. Das Elternsein in diesem Land ist eine echte Herausforderung, wenn man nicht gerade die „dicke Marie“ auf dem Konto gebunkert hat. Neben der finanziellen Frage scheint die der Organisation des täglichen Lebens mit Kindern die wichtigste. Und hier kommen wir zu der eingangs erwähnten Vereinbarkeitsfrage – Frauen möchten Erfolg im Beruf und Erfolg (ja, Erfolg!) als Mutter. Und all das ist hier in unseren Breitengraden ziemlich klar definiert. Überall ist zu lesen, …

… dass die Kleinfamilie das erstrebenswerte Ideal privater Lebensführung ist. Ein guter Arbeitsplatz, ein funktionierendes Familienleben, ein schönes Haus – das alles gehört demnach zu einem erfüllten Leben.*

Der richtig große Dissens beginnt bei Frage, ob dieses „Alles-gleichzeitig-haben-Wollen“ in der Realität überhaupt funktioniert, und wenn ja: Wie? Was mich an dieser Diskussion wirklich aufregt, sind so ein paar Kernthesen:

–> Ich ziehe hier Rentenzahler von morgen groß, ich gehöre umfassend unterstützt.
Ich sage: Nein! Die Unterstützung von Familien sollte nicht auf dieser bekloppten Aussage beruhen (Wer sagt eigentlich, dass aus den Kindern Rentenzahler werden?), sondern auf einem Konsens, ob und wie wir als Gesellschaft mit Kindern leben wollen. Die Familienstrukturen von früher (das berühmte Dorf, das es braucht, um ein Kind groß zu ziehen) gibt es heute nun mal nicht mehr. Die Antwort darauf sollte m.E. sein, die Herstellung von Äquivalenten zu fördern. Denn: Kinder zu bekommen, ist für mich kein gesellschaftlicher Auftrag, sondern eine zutiefst emotionale und private Entscheidung. Das Schöne daran ist: Diese Entscheidung treffen ganz viele für sich, also könnte man gemeinsam Wege finden, dass alle diese Idee gut leben können. Aber eben nicht jeder für sich, sondern in einer (natürlich zu definierenden) Gemeinschaft. Dann stellten sich solche Vereinbarkeitsfragen nämlich gar nicht, weil Schluss wäre mit dieser Alleinverantwortung der Eltern (manchmal auch nur eines Elternteils) für alles.

–> Es muss doch möglich sein, eine präsente Mama und eine erfolgreiche Business-Woman zu sein.
Ich sage: Nein! Das ist in der Umgebung, in der wir hier in D leben, aus meiner Sicht ein Mythos. Mariam Irene Tazi-Preve, Politikwissenschaftlerin, hat in einem Beitrag des Tagesanzeigers eine aus meiner Sicht durchaus passende These dazu:

Bilder wie das der arbeitenden Mutter im Business-Kostüm mit dem Laptop in der einen und dem Kind in der anderen Hand stimmen einfach nicht. Es ist unmöglich, in der Kleinfamilie alle menschlichen Bedürfnisse nach emotionaler Unterstützung, körperlicher und seelischer Erholung, Nestwärme und erfüllender Sexualität zu befriedigen und darüber hinaus die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Berufstätigkeit zu schaffen.

Wer eines davon zu 100% will, muss bei anderem in irgendeiner Form Abstriche machen. Ein Tag hat nun mal nur 24 Stunden. Und was ist das überhaupt für ein Anspruch, dass alles immer gleichzeitig möglich sein muss? Dieses ständige Multitasking-Leben-Müssen geht mir auf den Keks. Wer hat nur damit angefangen zu erzählen, dass man etwas verpasste, wenn man nicht alles gleichzeitig machte? Natürlich ist es richtig, eine bessere Kinderbetreuung zu fordern und auf die Umsetzung der Forderung zu bestehen. Ich finde nur wichtig, dass wir auch darüber diskutieren, warum wir das wollen. Für mich geht es darum, überhaupt Optionen für die Familien zu schaffen, ihnen die Möglichkeit zu geben, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Das ist für mich keine Frage der Vereinbarkeit von Kind und Karriere, sondern eine sehr viel einfachere: Wie kann ich als Familie selbstbestimmt leben?

In einer Familie gilt es, mehrere Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen, und da diese nun mal verschieden sind, müssen immer Kompromisse gemacht werden. Und an dieser Stelle fände ich es gut, wenn die Familien anfingen, es im Kleinen, also unter sich, erst einmal auszuhandeln, bevor sie auf die Gesellschaft, die Umstände und die Politik mit dem Finger zeigen. Es gibt für jene, die in jeder Hinsicht flexibel sind, durchaus Möglichkeiten. Diese wahrzunehmen schafft meiner Meinung schneller Befriedigung als darauf zu warten, dass sich gesellschaftlich etwas bewegt. Unsere Kinder beispielsweise sind aus dem Kindergartenalter raus, wir mussten also vor ein paar Jahren Lösungen finden. Und das ging. Nicht aufgrund irgendeines besonderen Organisationstalents, sondern wegen unserer Bereitschaft hier, Kompromisse einzugehen und ganz pragmatisch Wege zu gehen, auch wenn sie den ein oder anderen Umweg bedeuteten.

Was mich an dieser Diskussion einfach wirklich stört: Vor lauter An-sich-und-die-eigene-Vereinbarkeit-Denken fällt oft herunter, was das mit der Umgebung macht, welche Auswirkungen es auf andere hat: Kollegen, Nachbarn, Verwandte, Freunde.** Vielleicht wäre es ein Anfang, nicht immer nur darüber zu reden, was man selbst von der Gesellschaft unbedingt haben will, sondern auch darüber, was man bereit ist zu geben.

*Zitat aus dem später zitierten Interview mit Tazi-Preve

**Auf Wunsch einer Leserin führe ich das hier gerne noch näher aus:
Ich habe in meinem Berufsleben u.a. Menschen kennengelernt, die eine sehr eigenwillige Form der Vereinbarung gelebt haben. Sie kamen und gingen höchstpünktlich, ohne sich mit den Kollegen abzustimmen, wie der Stand der Dinge ist, was von anderen noch zu erledigen wäre, wie die weiteren Planungen sind usw. Ich habe welche erlebt, die viel Macht an sich rissen, ihre Informationen aber nicht teilten und dann einfach abtauchten. Familie und so. Es sind solche Menschen, die die allgemeine Einstellung zu jenen mit Familie in den Firmen beeinflussen, leider eben nicht positiv.
Ich zeige auch gerne mal dem Finger auf mich selbst: Vor lauter Engagement als berufstätige Frau und als Mama habe ich meine Freunde vernachlässigt. Das ging so weit, dass meine Tochter das übernahm und mir erzählte, dass meine Freundin einen neuen Job hätte. Ich bin da sehr hellhörig geworden, habe innegehalten und mich geschämt. Will sagen: Es geht einfach nicht alles mit 100%. Diese simple Erkenntnis hat mich dann doch ein wenig entspannt; Erwartungsmanagement an sich selbst ist eben auch wichtig.

 

 

 

10 Kommentare Gib deinen ab

  1. Mrs M sagt:

    Schön geschrieben.
    Quintessenz ist doch, dass man sich in einer Familie abhängig vom Partner machen muss. Das fällt vielen schwer, weil sie nicht genügend Vertrauen in den Partner haben. Der Zeitgeist unserer Gesellschaft ist doch: Sorge für dich selbst, mache dich nicht abhängig und box dich durch wenn du im Stich gelassen wirst. In einer gut funktionierenden Familie können aber nicht beide 12 Stunden pro Tag aushäusig arbeiten…
    Wenn man den Job als Mutter bzw Vater anerkennt und respektiert und schätzt was der Partner leistet- dann funktioniert das auch.

    …nur die Rentenversicherung interessiert das leider nicht.

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  2. estheruiuiui sagt:

    Hallo,

    Ich finde Deinen Standpunkt kapitalismusfreundlich und konservativ. Bist Du CDU Wählerin? Ich möchte das nicht unsterstellen, die Argumentation im Text erinnert mich nur sehr stark an diverse Aussagen von CDU Politikern und Politikerinnen, allen voran Kristina Schröder.
    Es gibt, so empfinde ich das, in der Arbeitswelt eine sehr verbreitete Diskriminierung von Eltern, vornehmlich Müttern. Dagegen anzukämpfen ist schwierig, denn Elternschaft ist kein Faktor im Gleichstellungsgesetzt. Dazu kommt, dass arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen eine finanzielle Belastung darstellen, für die bei weitem nicht jeder Ressourcen hat. Aber darüber zu berichten, ist das jammern? Oder ist es anspruchsvoll, nicht diskriminiert werden zu wollen?
    Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, warum ständig betont wird, dass es für Unternehmen nun einmal ums Geld verdienen geht. Ja, das wissen wir doch alle. Es wird uns seit über hundert Jahren ständig vorgebetet. Jeden Tag. Es ist DIE Kernbotschaft der Reichen und Mächtigen, die viele Ressourcen nutzen diese Botschaft ununterbrochen präsent zu halten und andere Prioritäten des gesellschaftlichen Zusammenlebens von der Agenda zu verdrängen. Aber danke, dass Du mich nochmal daran erinnerst.

    Innerhalb der Betriebe werden oft Ressourcen verballert für Dinge, die null zur Wertschöpfung beitragen, die hauptsächlich dazu da sind, Status festzuschreiben. Ich wundere mich eigentlich ständig darüber, wie unkreativ und festgefahren Unternehmen und Institutionen reagieren, obwohl sie so viele Möglichkeiten haben und es entsprechende Vorbilder gibt. Aber nein, dann kämen sich irgendwelche Leute nicht mehr wichtig genug vor, oder müssten ihre gewohnten Denkpfade verpassen. Also das geht ja nicht. Wir müssen doch Geld verdienen!

    Ich finde grade bei dieser Floskel sollte man genau hinschauen, wovon sie grade ablenken möchte und ob nicht auch die Unternehmen und Institutionen zu einer kreativen Lösung beitragen könnten. Aber sie dürfen sich wirklich sehr oft verschanzen in ihrer Position, dass nur ein nach ihren Maßgaben vollverfügbarer Angestellter sie von dem Ruin abhält. Flexibilität bedeutet oft, dass nur die Angestellten maximal flexibel sein müssen, wohingegen die Unternehmen völlig erstarrt sind und sich vor allem im unteren Personalbereich totsparen, bis zur Handlungsunfähigkeit.

    Ich könnte hier noch viel mehr schreiben. Ich frage mich immer, wenn ich einen Artikel, wie den Deinen lese, warum Menschen von der Vereinbarkeitsdebatte genervt sind. Ich frage mich dann: Haben sie für sich selbst eine zufriedenstellende Lösung gefunden und möchten sich nicht damit auseinandersetzen, dass andere Menschen damit Probleme haben, die sie nicht haben? Weil es schwierig wäre zuzugeben, dass man Glück gehabt hat vielleicht? Ärgern sie sich, dass andere Missstände benennen, die sie klaglos akzeptiert haben, und jammern dann über das Jammern?

    In einzelnen Fällen sind Mütter vielleicht naiv. Manche erwarten vielleicht auch wirklich zu viel. Aber dass Arbeitgeber viel erwarten, das ist doch auch normal.

    Ich empfinde das Aufrechterhalten der Debatte und die ständige Benennung der Missstände, die fortlaufende Forderung nach besseren Bedingungen für einen unabdingbaren Teil des politischen Engagements. Wir dürfen nicht schweigen und uns nicht von Menschen, die die Debatte als „Jammern“ disqualifizieren einschüchtern lassen. Wer keine Lust auf die Debatte hat, kann sein demokratisch verbrieftes Recht auf Nichtteilnahme wahrnehmen. Oder man kann punktuell genau dort kritisieren, wo man die Situation der Debatte im Argen sieht. Aber diese Art des Pauschalgenervtseins mit dem Dreschen der üblichen Schlagworte „jammern“, „anspruchsvoll“, „individuelle Lösungen finden“ mag ich nicht mehr unwidersprochen stehen lassen.

    Viele liebe Grüße
    Esther

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    1. mrscgn sagt:

      Vielen Dank für Deinen Kommentar, dem ich an vielen Stellen widersprechen könnte, aber das wäre dann einen eigenen Blogpost wert. Ich habe das Gefühl, nicht richtig verstanden worden zu sein, aber das ist dann mein Problem. Daher nur ein paar Stichworte:

      Es ist DIE Kernbotschaft der Reichen und Mächtigen, die viele Ressourcen nutzen diese Botschaft ununterbrochen präsent zu halten und andere Prioritäten des gesellschaftlichen Zusammenlebens von der Agenda zu verdrängen. Aber danke, dass Du mich nochmal daran erinnerst.

      Es ist für mich einigermaßen lustig zu lesen, dass mir, die ich die Hälfte meines Lebens im Sozialismus aufgewachsen bin, das vorgeworfen wird. Ich kenne nun eben auch den anderen Gesellschaftsentwurf und weiß daher, dass er nicht funktioniert. Wenn Du den Kapitalismus doof findest, ist das Dein Recht, aber ich finde ihn an dieser Stelle auf jeden Fall ehrlicher.

      Aber sie dürfen sich wirklich sehr oft verschanzen in ihrer Position, dass nur ein nach ihren Maßgaben vollverfügbarer Angestellter sie von dem Ruin abhält. Flexibilität bedeutet oft, dass nur die Angestellten maximal flexibel sein müssen,…

      Darum ging es hier überhaupt nicht. Ich halte entgegen: Willst Du so lange warten, bis die Unternehmen sich bewegen, oder suchst Du im Wissen der Endlichkeit Deines Arbeitslebens nicht doch lieber nach Lösungen, die Dich sofort weiterbringen? Das macht Deine sicher berechtigte Kritik nicht falsch oder überflüssig; ich habe da einfach nur einen anderen Ansatz. Mir hat mal eine kluge Kollegin gesagt: „Frage Dich immer: Ist es änderbar oder nicht? Wenn Du die Situation nicht ändern kannst, musst Du Dich eben ändern.“ Neben dem Benennen der Fehler, das ich nirgends für falsch erkläre, muss der zweite Schritt eben heißen: Mach was. Für Dich selbst.

      Ich frage mich dann: Haben sie für sich selbst eine zufriedenstellende Lösung gefunden und möchten sich nicht damit auseinandersetzen, dass andere Menschen damit Probleme haben, die sie nicht haben? Weil es schwierig wäre zuzugeben, dass man Glück gehabt hat vielleicht?

      Dass ich mich hier mit diversen Problemen durchaus auseinandersetze, weiß man als Leser dieses Blogs, den es ja nun seit drei Jahren gibt. Ich habe ganz sicher kein Problem damit, dass ich meinen Weg gefunden und dabei sicher auch Glück gehabt habe – wo steht das Gegenteil? Mein Punkt ist: Ich bin ein klar lösungsorientierter Mensch, immer. Und ich kann nicht verstehen, dass man über Zustände permanent klagt, anstatt mal etwas zu tun. Jeder, der morgens aufsteht, hat die Wahl zu entscheiden, was er aus seinem Leben macht. Ich will nicht wissen, warum etwas nicht geht, sondern suche Wege, wie wir es schaffen, dass es geht. Die großen Themen sind wichtig und gehören verfolgt, na klar (denke mal nur an die Muttertagswunsch-Debatte), aber es beginnt m.E. im Kleinen. Und das kommt mir in der Debatte schlicht zu kurz.

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      1. estheruiuiui sagt:

        Du, es kann gut sein, dass ich Dich missverstanden habe. Das ist das ewige Schicksal von Kommunikation. Dafür ist ja die Kommentarfunktion ja auch gut.
        Es wird mir einfach nicht klar aus Deinem Text, wo jetzt der so gravierende Unterschied zwischen „berechtigt Missstände aufzeigen“ und „jammern“ ist.
        Die Betroffenen können nicht jetzt alles ändern, aber dann sollen sie darüber schweigen? Sie haben vielleicht einfach eine andere Art damit umzugehen und Dein Artikel ist so unkonkret, dass ich nicht nachvollziehen kann, was jetzt Dein Punkt ist. Erst Recht nicht nach der Antwort auf meinen Kommentar. Warum erinnerst Du denn daran, dass Unternehmen Geld verdienen müssen, ganz unabhängig von Deiner Vergangenheit im Sozialismus? Ich verstehe auch überhaupt nicht, was Deine Vergangenheit damit zu tun hat. Es macht diese Floskel doch nicht erkenntnisreicher. Ich sehe darin keine Ehrlichkeit, es ist halt eine Anpassung und auch eine Entscheidung andere Menschen, die diese Anpassung nicht so vollziehen als Jammernde zu beschreiben. Ganz unabhängig auch davon, was Du sonst schreibst.
        Und deshalb kann ich wahrscheinlich wirklich nicht nachvollziehen, was genau Dir zu kurz kommt. Wenn es um die Lösungsvorschläge geht, dann habe ich die Debatte weitgehend als konstruktiv empfunden, indem zwar nicht immer individuelle Lösungen gefunden werden, die zufriedenstellend sind, aber etliche Ideen und konkrete Projekte entwickelt werden, um sich diesem äußerst vielfältigen Thema anzunehmen. Und einzelne Stimmen, die ich da gelegentlich auch als unkonstruktiv empfinde, nehme ich als ganz gewöhnliche Meinungsverschiedenheit wahr, die zu jeder Debatte dazu gehören.
        Deshalb kannst Du mir vielleicht in unserem Missverständnis weiterhelfen, wenn Du konkreter erklärst, was da im Kleinen im Argen liegt.
        Vielen Dank für Deine Antwort und ein schönes Wochenende noch.
        Liebe Grüße
        Esther

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      2. mrscgn sagt:

        Ich habe das Gefühl, dass Du nicht verstehen möchtest. Aber gut.

        Nirgends steht, dass über Missstände geschwiegen werden soll, ich halte das selbst ja auch nicht so. Daher noch mal: Das eine schließt das andere, sprich die eigene Reaktion, doch nicht aus. Immer nur zu sagen, was alles doof ist, aber selbst nicht bereit zu sein, was änderbar ist, zu ändern (und beginnt bei der Haltung „die Firma muss mir eine unbefristete Arbeitsstelle geben“), finde ich problematisch. Ich erinnerte an das Prinzip des Kapitalismus mit Verweis auf einen Blogpost, den ich verlinkt habe. Bitte lies dort nach, dann verstehst Du meinen Punkt ganz sicher.

        Ich vermisse in der notwendigen gesellschaftlichen Debatte – nirgends habe ich formuliert, dass diese falsch ist! – den Blick auf sich selbst. Darum geht es. Partner in einer Gemeinschaft müssen ihren Teil zur Vereinbarkeit schon auch beitragen, es ist das Gegenteil von konstruktiv, von anderen (Firmen, Politik usw) zu verlangen, etwas zu tun, ohne selbst bereit zu sein, eigene Standpunkte zu hinterfragen. Konkret heißt das, dass die Partner in ihrer Partnerschaft aushandeln müssen, wie sie leben möchten. Ich finde es zu einfach, in Firmen als Frau nach besseren Bedingungen für eine vermeintliche Vereinbarkeit zu rufen, aber vom Partner diese Flexibilität nicht einzufordern. Vereinbarkeit ist keine Sache der Frau allein. Die Entscheidung für eine Familie mit Kind/Kindern ist eine von mindestens zwei Menschen, die sich daraus ergebenden Veränderungen/Konsequenzen sollten dann eben auch beide in einem Verhältnis tragen, das austariert ist.
        Meine These: Wenn im Kleinen immer mehr Familien auch die Väter sehr viel stärker in die Fragen einbinden, die mit Kinderbetreuung und Berufstätigkeit zu tun haben, dann sind diese Väter an ihren Arbeitsplätzen irgendwann keine Exoten, sondern Selbstverständlichkeiten. Und wenn diese Männer mehr werden, ändert sich vielleicht auch schneller etwas in den Firmen. Was spricht denn dagegen, die Veränderungen von zwei Seiten – also von „unten“ und von „oben“ – anzustoßen?

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      3. estheruiuiui sagt:

        Ich versuche wirklich Dich zu verstehen, sonst würde ich nicht antworten. Jetzt kann ich auch besser verstehen, wo Du das Problem in der Partnerschaft benennst, wie Du das meinst.
        Ich formuliere das mal in meinen Worten, damit Du prüfen kannst, ob ich Dich korrekt verstanden habe:
        Du meinst also die Debatte schließt zu häufig die Probleme innerhalb der Partnerschaft zu einer fairen Verteilung zu kommen, aus, was sich wiederum lähmend auf die Situation der Arbeitgeber auswirkt, weil sich die Situation zementiert, dass nur Frauen Betrieben Vereinbarkeitsprobleme bringen.
        Wenn das der Punkt ist, dann kann ich ihn nachvollziehen. Ich habe da selbst schon sehr sehr viel drüber nachgedacht. Ich glaube schon, dass das sehr häufig eine Ursache ist und ich glaube auch, dass die „jammerenden“ Frauen ganz gute Gründe haben, dieses Thema Partnerschaft auszusparen. Wenn ich mal einen Bericht finde, von einer Mutter die genau diese Probleme thematisiert, dann merke ich ihn mir immer. Oft bekommen sie dafür eine Menge Gegenwind, der Fokus der Kritik liegt darauf, dass diese Frauen ihre privaten Verteilungs- und Verhandlungsprobleme nicht in die Öffentlichkeit zu tragen hätten, das müssten sie individuell lösen. Nicht alle Männer sind so. Etc.
        Ich persönlich kenne etliche Frauen, die mir unter vorgehaltener Hand sagen, dass sie sich ob der desolaten Aufteilung der Care Arbeit gern von ihrem Mann trennen würden, weil sie so verärgert sind über die Ungerechtigkeit und die absolute alltagspraktische Weigerung ihrer Männer irgendwie mehr Verantwortung zu übernehmen. Aber wenn sie sich trennen würden, dann würden sie ihre alltagspraktischen Probleme nur verschärfen und ihre finanzielle Situation würde sich dramatisch verschlechtern. Daher glaube ich, es ergibt aus der Sicht einer konservativen CDU Politik absolut Sinn die Situation für Alleinerziehende so prekär wie möglich zu halten, denn das beeinflusst individuelle Abwägungsprozesse zugunsten einer traditionellen Familienstruktur. Da spielen zahlreiche Faktoren rein, Steuerpolitik, Arbeitsmarkt, Betreuungssituation und auch das immer noch existente Stigma, das an Alleinerziehenden haftet. Deshalb überlegen sich viele Mütter, die ich kenne, sehr genau, ob sie sich aus einem Prinzip heraus trennen möchten (Prinzip gerechte Verteilung Care Arbeit) und damit aber auch für ihre Kinder die Gesamtsituation verschlechtern.
        Ich kenne übrigens auch etliche junge Frauen, die gern Kinder hätten, aber keinen Mann finden, der das unter 30 schon möchte. Und ganz ehrlich haben diese Frauen keine utopischen Ansprüche an Männer.
        Deshalb sehe ich Deinen Punkt, aber ich würde mir wünschen, dass er auf eine andere Art angegangen wird. Denn wenn es Verteilungskonflikte in einer Partnerschaft gibt, dann ist das nicht leicht aufzulösen und es ist alles andere als anerkannt diese Probleme in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Ich glaube nicht, dass der Großteil dieser Frauen zu faul oder zu feige ist, diese Konflikte mit ihrem Partner auszufechten, sondern, dass einer Verweigerung des Partners kaum etwas entgegenzusetzen ist, außer eben im Zweifel eine Trennung.
        Vielleicht findest Du jetzt, dass ich zu viel Verständnis mit den betroffenen Frauen/ Personen habe. Ich möchte auch gar nicht ausschließen, dass es sehr wohlhabende Frauen gibt, wo Forderungen auf einem sehr hohen Niveau stattfinden.

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      4. mrscgn sagt:

        Du meinst also die Debatte schließt zu häufig die Probleme innerhalb der Partnerschaft zu einer fairen Verteilung zu kommen, aus, was sich wiederum lähmend auf die Situation der Arbeitgeber auswirkt, weil sich die Situation zementiert, dass nur Frauen Betrieben Vereinbarkeitsprobleme bringen. Wenn das der Punkt ist, dann kann ich ihn nachvollziehen.

        Ist es, ja.

        Ich persönlich kenne etliche Frauen, die mir unter vorgehaltener Hand sagen, dass sie sich ob der desolaten Aufteilung der Care Arbeit gern von ihrem Mann trennen würden, weil sie so verärgert sind über die Ungerechtigkeit und die absolute alltagspraktische Weigerung ihrer Männer irgendwie mehr Verantwortung zu übernehmen.

        Das ist sehr traurig. Ehrlich. Und dann soll die Lösung in den Betrieben liegen, die (leider, leider) von Männern beherrscht werden? Für mich ist das ein Grund mehr, keine halben Sachen mehr zu machen. Will sagen: Kind und Karriere nicht gleichzeitig, sondern etwas zeitlich verschoben, so dass sich Frau mit aller Kraft (!) an ihrem Arbeitsplatz für Veränderungen einsetzen kann. Für spürbare Veränderungen, von denen auch noch nachfolgende Generationen etwas haben. Es bringt doch nichts, wenn wir Frauen da immer wieder klein beigeben und uns nach Hause flüchten. Und es bestätigt mich einmal mehr darin, die Frauen zu mehr Unabhängigkeit zu ermuntern.
        (Was die CDU mit all dem zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht, aber muss es auch nicht.)

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      5. estheruiuiui sagt:

        Naja, die CDU setzt sich sehr für den Erhalt von traditioneller Ehe und Familie ein und ist immer sehr zurückhaltend die Situation von Alleinerziehenden zu verbessern. Das zeigt sich ja bei verschiedenen Vorstößen in die Richtung. Das ist eventuell bei anderen Parteien in der politischen Praxis nicht anders, nur ich denke, dass es bei der CDU tatsächlich einem inhaltlichen Willen folgt, genau dieses traditionelle Muster zu stützen und ist so also innerhalb der Partei völlig konsequent. Das soll kein CDU Bashing sein, sondern nur die Anerkennung der Tatsache, dass sie eben ganz offiziell die traditionelle Ehe fördern möchten und nicht alternative Familienmodelle. Und Alleinerziehend zu sein, ist ja die wohl häufigste Alternative.
        Ich mache mir dazu verschiedene Gedanken, die sich auch darum drehen an der Wohnsituation zu arbeiten. Ich beschäftige mich unheimlich viel mit den Fragen nach Haushalt und Care Arbeit und welche eher ungewöhnlichen Wege man hier beschreiten könnte. Ich bin dabei noch nicht zu Erkenntnissen gekommen, die ich als veröffentlichungswürdig ansehen würde. Aber ich hoffe durch Recherche, Analyse und Überlegung eines Tages so weit zu sein.
        Ich finde übrigens den Gedanken auch tröstlich jetzt grade, wo mein Kind klein ist, im Beruf nicht das erreichen zu müssen, was ich mir wünsche, weil es eben grade nicht geht, sondern mir vorzunehmen, das wieder mit voller Kraft anzugehen, wenn mein Kind größer ist.
        Andererseits bin ich auch froh, dass ich derweil dennoch Teilzeit arbeiten kann, neben finanziellen Erwägungen, weil ich den Anschluss nicht verliere, es mir wirklich Spaß macht und zu meiner psychischen Hygiene und meinem Wohlbefinden beiträgt.
        Danke für das Gespräch. Ich fand es sehr interessant.

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      6. estheruiuiui sagt:

        Entschuldige bitte die verwirrende Reihenfolge der Kommentare, die App hat mich da verwirrt. Der lange kommt zuerst und dann der kurze.

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  3. estheruiuiui sagt:

    (Sorry war unbeabsichtigt abgeschickt)
    … wo auf einen sehr hohen Niveau Forderungen gestellt werden und das sind in der Tat auch die Teile des Diskurses, die mich weniger interessieren.
    Vielen Dank für Deine Erklärung, die verlinkten Artikel lese ich später noch.
    Liebe Grüße
    Esther

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